Exkursion: Der kolumbianische Friedensprozess und die Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung
Kolumbien nicht nur aus der Ferne studieren, sondern vor Ort erforschen. Dies war die Zielsetzung einer Exkursion von Studierenden der Geographie aus Gießen.
In Kooperation mit dem Instituto CAPAZ haben sich 16 Studierende unter der Leitung von Dorothea Hamilton und Prof. Dr. Stefan Peters in zwei Seminaren auf die Exkursion vorbereitet und dabei Grundlagen zum Friedensprozess sowie zu den Möglichkeiten und Grenzen rohstoffbasierter Entwicklung studiert.
Am Anfang der Exkursion stand eine stadt-geographische Einführung: Vom Monserrate-Berg in Bogotá wurden sozial-geographische Segregationsprozesse und damit verbundene Ungleichheiten erkundet, während der Besuch des Goldmuseums der kritischen Auseinandersetzung zwischen der Goldausbeutung in Kolumbien und bestehenden kolonialen Kontinuitäten diente.
Chaparral, Tolima
Anschließend besuchte die Gruppe Chaparral, in der Provinz Tolima. In Kooperation mit der Universidad de Ibagué wurde hier die Menschenrechtsorganisation CODHES, die sich für die Rechte Binnenvertriebener einsetzt, besucht und die Konfliktdynamiken auf lokaler Ebene thematisiert. Chaparral war vor wenigen Jahren Schauplatz des bewaffneten Konfliktes. Ohne den Friedensprozess wäre ein Besuch vor Ort kaum möglich gewesen.
Ebenfalls in Chaparral stand ein Termin mit der Frauenrechtsorganisation Red de Mujeres Chaparralunas auf dem Programm. Der beeindruckende Zusammenschluss von indigenen, afrokolumbianischen und alleinerziehenden Frauen aus der Region arbeitet bereits seit den 1990er Jahren in Chaparral, um Frauen in ihren Rechten zu stärken und den Zugang zu Weiterbildungen zu ermöglichen.
Am Folgetag besuchte die Gruppe die Universidad de Ibagué, wo sie im Rahmen einer Vortragsveranstaltung mit Dr. John Jairo Uribe zusammen mit Studierenden und Dozenten aus Ibagué über die sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen des Friedens in der Region Tolima diskutierten.
Eje Cafetero
Vom Vorlesungssaal ging es anschließend weiter in das Naturschutzgebiet Valle del Cocora im Departamento Quindío. Dort findet sich, wie in vielen Andenregionen, das einzigartige Ökosystem des Hochmoors, das als größte Wasserquelle des Landes seit einigen Jahren durch die Ausbeutung von Rohstoffen sowie den zunehmenden Tourismus bedroht ist.
Begleitet von einer Umweltwissenschaftlerin der Universidad Nacional de Colombia, einem lokalen Umweltaktivisten und einem Regierungsvertreter wurde der Ausflug in das Naturschutzgebiet genutzt, um Informationen zum lokalen Umweltschutz, zur Rohstoffausbeutung durch multinationale Unternehmen und zu sozial-ökologischen Konflikten an konkreten Beispielen zu diskutieren.
CAPAZ, Bogotá und Umgebung
Zurück in Bogotá standen die Teilnahme an einer Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung, der Universidad de los Andes sowie des Instituto CAPAZ zum Thema Umwelt und Frieden sowie ein Besuch des Instituto CAPAZ im Claustro de San Agustín auf dem Programm.
Im CAPAZ fand ein Treffen mit einer Studierendengruppe der Philipps-Universität Marburg unter Leitung von Prof. Dr. Anika Oettler ebenso wie der Besuch der Fotoausstellung El Testigo (Der Zeuge) von Jesús Abad Colorado, die aus der Perspektive der Opfer den bewaffneten Konflikt dokumentiert, auf dem Programm.
Einen weiteren Perspektivwechsel ermöglichte der Besuch des Tagebaus Gravillera Albania S.A. Hier werden in unmittelbarer Nähe zur Hauptstadt Baumaterialien abgebaut. Während der Bergbau in Kolumbien oftmals mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung in Verbindung gebracht wird, sollte der Besuch im Bergwerk in der kleinen Gemeinde Tabio aufzeigen, dass einige nationale Unternehmen versuchen, den Bergbau nachhaltiger zu gestalten.
Am letzten Tag der Exkursion war die Gruppe in die deutsche Botschaft eingeladen. Gemeinsam mit dem Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Dr. Peter Ptassek, dem Sprecher für Kultur, Bildung und Wissenschaft Dr. Daniel Alscher sowie Prof. Dr. Peters tauschte sich die Gruppe über die Rolle Deutschlands im aktuellen Friedensprozess sowie interkulturellen Anekdoten der 12-tägigen Exkursion aus.
Das Treffen diente als runder Abschluss, um die gemachten Erfahrungen in den Kontext deutsch-kolumbianischer Beziehungen zu setzen und die Bedeutung der bilateralen Zusammenarbeit hervorzuheben.
Lesetipp: Lernen in einem ehemaligen Bürgerkriegsland (von Dorothea Hamilton, Antonia Lotz, Alina Gundlach und Pablo Reinhardt auf der Facebook-Seite der JLU Gießen veröffentlicht).
(Text: Sonja Smolenski. Überarbeitung: Prof. Dr. Stefan Peters, Claudia Maya)